Erschütternd sind für uns die unerträglichen Gewalttaten durch Menschen, die als Asylsuchende einmal nach Deutschland gekommen sind. Hier ist eine konsequente Strafverfolgung unerlässlich und Abschiebungen für Gewalttäter sind eine logische Konsequenz. Erschütternd ist für uns auch der Versuch diese Taten für rassistische Haltungen auszuschlachten und einen Generalverdacht gegen Asylsuchende und Migranten an sich zu äußern. Der Schaden einer undifferenzierten Debatte für unser Land ist erheblich, sowohl für das soziale Miteinander wie auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Höchste Zeit für ein öffentliches Statement, befanden Einrichtungsleitung und Mitarbeitende des AWO Seniorenzentrums Am Stadtpark „Denn unser Land ist dringend auf Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund angewiesen und alle die bereits hier gut integriert sind, sollen sich hier auch sicher und wohlfühlen.“ so die Überzeugung in der Pflegeeinrichtung. "Als Teil der Arbeiterwohlfahrt lehnen wir rassistische Haltungen und Handlungen strikt ab und pflegen ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander in aller Unterschiedlichkeit die wir als bereichernd erleben", erklärt dazu Einrichtungsleiter Martin Hayer. „Wir setzen uns bewusst für ein friedliches Zusammenleben und -arbeiten ein und bieten engagierten Menschen aus aller Welt eine gute berufliche Perspektive!"
Migration werde in politischen Debatten und der Berichterstattung oft zu wenig differenziert betrachtet und habe viele Facetten, will Hayer den Blick weiten. Menschen machten sich auf den Weg als Geflüchtete vor Krieg und Bedrohung, als Studierende oder für eine Ausbildung bzw. Arbeitsstelle, in der Hoffnung bessere Perspektiven für ihr Leben, zu finden. Andere seien schon hier geboren z.B. als Kinder oder Enkelkinder einer Gastarbeiter- oder Spätaussiedlerfamilie. Alles falle doch unter den Begriff Migrationshintergrund.
„An einer erfolgreichen Integration wirken nicht nur die Migranten selbst mit,“ weiß man in der Pflegeeinrichtung. „Politik, Verwaltung, Betriebe und Gesellschaft tragen wesentlich zu einem Gelingen bei, daher gilt es, dass alle Beteiligten die eigenen Anteile selbstkritisch reflektieren und verbessern. Wesentlich sind effizientere Strukturen, ein gesundes Maß an Fördern und Fordern, rascher und unkomplizierter Zugang in den Arbeitsmarkt und insgesamt eine positiv gelebte Willkommenskultur. Diese Aspekte unserer gesellschaftlichen Verantwortung sollten mehr in den Fokus genommen und die entsprechenden Hemmnisse mit aller Anstrengung reduziert werden.“ so Hayer weiter. Zudem weist er darauf hin, dass Fälle von Missbrauch sozialer Leistungen oder straf- oder steuerlicher relevante Vergehen weniger eine Frage von Migration, sondern vielmehr des Charakters seien, denn kennen wir nicht genügend Fälle von Steuerflucht, Geldwäsche, Schwarzarbeit, Betrug, Gewalt, die von Menschen ohne Migrationshintergrund verübt werden?
Im AWO Seniorenzentrum wird nun „Flagge gezeigt“. Persönliche Statements und von der Stiftung gegen Rassismus zur Verfügung gestellte Plakate dienen dazu, Bewohner*innen, Angehörigen, Mitarbeitenden sowie auch der Öffentlichkeit das Anliegen sichtbar zu machen.
Ein Pflegeheim kann heute ohne die Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund nicht betrieben werden. Das AWO Seniorenzentrum klagt nicht über die branchentypischen Personalprobleme oder gar einen Fachkraftmangel. Warum?
Wir versuchen unseren Personalbedarf und das Anliegen von Menschen, die Arbeit suchen, in Einklang zu bringen. Wie multikulturelle Zusammenarbeit gelingen kann, zeigen im Folgenden beispielhaft einige Statements von Mitarbeitenden unterschiedlicher Herkunft und persönlicher Entwicklung.
Güldeniz Yilmaz, zuerst Auszubildende in der Pflege, nun Pflegefachkraft, seit 3 ½ Jahren in Deutschland, Türkei:
„Deshalb fühlt es sich im AWO Seniorenzentrum Am Stadtpark wie zuhause an, das ist meine Komfortzone. Ich vertraue meinen Ansprechpartnern hier und fühle mich sehr wohl.“
Blessy Unabia, Pflegefachkraft, Philippinen:
„Pflege ist Pflege und Menschen sind Menschen. Das ist überall gleich. Ich finde, dass Unterschiede keine Hindernisse sind, sondern Chancen.“
Eman Mualem, Betreuungskraft, Syrien:
„Das AWO Seniorenzentrum Am Stadtpark hat für mich die Tür zur Betreuungskraft und meiner Integration geöffnet und bis heute steht diese Tür immer offen.“
Kossi Amessiame, Auszubildender als Pflegefachkraft, seit 2 ½ Jahren in Deutschland, Togo:
„Ich finde es auch gut, dass wir viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Migrationshintergrund haben, da wir auch Bewohner und Bewohnerinnen mit Migrationshintergrund haben und teilweise durch ihre Demenz sich in ihrer Muttersprache verständigen können. Somit profitieren alle davon.“
Irmgard Leschke, 95 Jahre, Bewohnerin:
„Als Zeitzeugin, die 1945 erlebte, wie die Franzosen in Schwenningen einmarschierten, finde ich die aktuelle Situation gravierend. Ich frage mich, wie lange das noch gut gehen kann. Die Sicherheit fehlt, in der ganzen Welt. Ohne Migranten könnte man sämtliche Heime schließen."
Leo Pompa, 91 Jahre, Bewohner:
„Hier im AWO Seniorenzentrum Am Stadtpark ist die Integration sehr gut. Wenn es überall so wäre, gäbe es nichts zu bemängeln. Solche Menschen brauchen wir. Und wenn ich wählen gehe, habe ich immer den Gedanken „Was möchte ich heute Abend nicht im Fernsehen sehen?“. Diese Überlegung hilft mir dabei, zumindest nicht die Falschen zu wählen.“
Anja Huber, Teamassistentin, Deutschland:
„Bei uns im AWO Seniorenzentrum Am Stadtpark ist es insgesamt positives Thema, welches auch im Miteinander so gelebt und geschätzt wird. Das belegen auch die Zahlen der Herkunft unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.“
141 Mitarbeitende in Pflege, Betreuung, Küche, Hauswirtschaft, Technik und Verwaltung- so viele arbeiten derzeit im AWO Seniorenzentrum. Von diesen haben 95, das heißt über zwei Drittel einen Migrationshintergrund. Sie stammen aus insgesamt 30 Nationen.